Am 27. Juni 1976 erkrankte Y.G., ein Lagerarbeiter aus einer Baumwollfabrik im Südsudan, plötzlich an einer mysteriösen Krankheit, die später nach dem Ebola-Fluss benannt wurde.
Ebola in Westafrika
Im Dezember 2013 forderte die letzte und mit Abstand tödlichste Ebola Epidemie mit Emile Ouamouno, einem einjährigen Jungen aus Guinea, ihr erstes Opfer. Im Verlauf der letzten 2,5 Jahre tötete die Krankheit 11.325 der etwa bekannten 28.700 Infizierten. Die Ebola Epidemie resultierte zumindest zeitweise im weitgehenden Kollaps fast der gesamten medizinischen Infrastruktur in Guinea, Sierra Leone und Liberia, der Beendigung diverser Impfkampagnen und sekundär in den schlimmsten Masernausbrüchen seit Jahren. Die WHO erklärte am 9. Juni 2016, dass Liberia, das letzte der drei am schlimmsten betroffenen Staaten, nun frei von aktiver Virusverbreitung sei und dieses positive Ereignis nehmen wir zum Anlass die ersten beiden Epidemien nochmals zu rekapitulieren.
Der Ebola Ausbruch im Sudan
Nzara ist ein kleines Städtchen in Südsudan (vormals nur Sudan), das sich wie viele Orte der Region heutzutage primär durch Armut und Mangel an beruflichen und sozialen Perspektiven auszeichnet. Dies war nicht immer so: Zur Kolonialzeit und noch für viele Jahrzehnte danach wurde Nzara als "London des Sudan" bezeichnet, war Heimat einiger Industrieanlagen und opulenter Gebäude der Kolonialverwaltung und besaß fließendes Wasser und Elektrizität. Jetzt, 60 Jahre nach der Unabhängigkeit des Sudans und 5 Jahre nach der des Südsudans, zeigen sich die Folgen vieler Jahre Bürgerkrieg, Misswirtschaft und fehlender Subventionen: Die Fabriken sind nun Ruinen und die meisten Bewohner leben in Holz- und Wellblechhütten oder "Tukals" aus Lehmziegeln. 1976 hatte dieser Verfall bereits begonnen, doch die Baumwollfabrik, der wichtigste Arbeitgeber in der Region, war immer noch aktiv. Am 27. Juni 1976 erkrankte Y.G., eine Lagerarbeiter dieser Fabrik, plötzlich an einer mysteriösen Krankheit. Drei Tage später begab er sich mit hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Übelkeit in das Krankenhaus von Nzara. Dort verschlechterte sich sein Zustand weiter, es zeigten sich Blutungen aus Mund und Nase sowie schwerer blutiger Durchfall. Am 6. Juli 1976 verstarb Y.G. an seinem Leiden. Sein Bruder und ein Arbeitskollege, P.G., der in einem Verarbeitungsraum neben dem Y.G.s Lager beschäftigt war, erkrankten als nächstes. P.G. infizierte aller Wahrscheinlichkeit nach daraufhin zwei seiner Bekannten, Samir S. and Sallah S., die die Krankheit in das 130 km entfernte Maridi trugen, wo sie im dortigen Krankenhaus begann zu wüten. Dieser erste bekannte Ebola Ausbruch kostete 151 der 284 Infizierten das Leben. Auf Anfrage der Sudanesischen Regierung begab sich Ende Oktober ein Team avon Ärzten und Epidemiologen in die Region, zu diesem Zeitpunkt nahm die Zahl der Neuinfektionen aber bereits ab.
Ebola in Zaire
Nur zwei Monate nach Beginn der Ebola Epidemie im Sudan begann am 26. August 1976 ein zweiter noch tödlicherer Ausbruch in Yambuku, einem Ort in der Bumba Region von Zaire (jetzt: Demokratische Republik Kongo). Der 44 jährige Schulleiter und Lehrer Mabalo Lokela begab sich zur Behandlung eines schweren Fiebers in das Yambuku Missionskrankenhaus. Sowohl er als auch die Ordensschwestern schrieben das Fieber einer Malariaerkrankung zu und so erhielt er intravenös Chloroquin. Sein Zustand verbesserte sich daraufhin, doch am 1. September kehrte das Fieber deutlich stärker zurück und er wurde erneut in das Missionskrankenhaus aufgenommen, wo er am 8. September schließlich verstarb. Innerhalb einer Woche erkrankten weitere Patienten und Schwestern im Hospital und als auch von diesen viele verstarben, erklärte die Regierung von Zaire die ganze Bumba Region und auch die Hauptstadt Kinshasa zum Quarantänegebiet und bat um internationale Hilfe. Peter Piot, ein belgischer Arzt und Wissenschaftler und Teil des WHO Teams, entdeckte nach seiner Ankunft in Yambuku am 19. Oktober einen der Gründe für die rasche Ausbreitung des Erregers: Die Ordensschwestern im Krankenhaus verabreichten vor allem Schwangeren Vitamininjektionen und verbreiteten so unwissentlich das Virus. Das Krankenhaus verfügte nämlich nur über 5 Spritzen, die lediglich morgens einmal sterilisiert wurden und danach von Patient zu Patient nur kurz mit sterilem Wasser durchgespült wurden. Der Tod einer Mehrzahl der Beschäftigten des Krankenhauses und die dadurch bedingte Schließung des Krankenhauses beendete erst diese Praxis. Dank der schnellen Implementierung von Quarantäne- und Kontrollmaßnahmen durch die Regierung, selbständig handelnde Dorfälteste und das WHO Team, verbreitete sich das Virus glücklicherweise nur in 55 Ortschaften und größere Städte wurden verschont, etwas was im neusten Ebola Ausbruch leider nicht geglückt ist. Insgesamt starben 284 von 318 Infizierten in dieser Epidemie, eine 88%ige Fallsterblichkeit. Peter Piot und seine Kollegen benannten die Krankheit nach dem nahegelegenen Ebola (Schwarzen) Fluss; eine vielleicht fragwürdige Entscheidung wie Piot später selbst erklärte:
"Actually there's no connection between the hemorrhagic fever and the Ebola River. Indeed, the Ebola River isn't even the closest river to the Yambuku mission. But in our entirely fatigued state, that's what we ended up calling the virus: Ebola."
Bildnachweis
Der Krankenhelfer auf diesem Bild verbrennt Material, dass bei der Behandlung von Ebola Patienten in einem Yambuku Hospital 1976 eingesetzt wurde. Quelle: CDC/ Dr. Lyle Conrad