Am 20. März 1996 wurde durch die britische Regierung erstmals ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) Epidemie und dem Auftreten einer neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJD) bestätigt.
Ein politischer Skandal
Die Aufdeckung eines wahrscheinlichen Zusammenhangs beider Krankheiten war ein Skandal erster Güte. Immerhin erfolgte er mehr als ein Jahrzehnt nach der Erstbeschreibung von BSE und unzähligen Versicherungen seitens der Regierung, dass Fleischverzehr ungefährlich sei. Rein wissenschaftlich war dieser Zusammenhang aber damals noch umstritten: Aufgrund der geringen Fallzahlen waren die epidemiologischen Daten noch als unsicher zu bewerten und experimentelle Daten aus Tierversuchen, die die Übertragbarkeit von BSE auf andere Spezies belegten, wurden erst im September 1997 veröffentlicht.
Die ersten BSE Fälle
Beginnen wir am Anfang: 1986 kam es in Großbritannien zum ersten bestätigten BSE Fall, Theorien über die Herkunft der Krankheit sind bis heute weitgehend spekulativ. Die betroffenen Rinder werden Opfer einer fortschreitenden und stets tödlichen Degeneration des Hirns und Rückenmarks. Diese nehmen mit der Zeit die namensgebende schwammartige durchlöcherte Struktur an, bedingt durch die Nekrose/Apoptose von Nervenzellen. In den 15 Jahren nach dem ersten Auftreten von BSE wurden über 180000 Rinder mit BSE diagnostiziert, über 95% hiervon in Großbritannien. Schätzungen über die Gesamtzahl der erkrankten Rinder gehen von 400000 bis zu einer Millionen Fällen aus. In der Anfangsphase war die BSE Krise lediglich ein Problem der Agrar- und Fleischindustrie, die Maßnahmen zur Eindämmung der Tierseuche ergreifen musste. Ganze Rinderpopulationen wurden gekeult und Nutzung von Tiermehl als Futtermittel, der Hauptverbreitungsweg von BSE, wurde verboten.
Die neue Variante der Creutzfeldt-Jacob Krankheit
Mit dem Auftreten mehrerer dutzend Fälle einer neuen Variante der Creutzfeldt-Jacob Krankheit 1995 verschärfte sich die Krise jedoch enorm. Die Symptome und Prognose der nvCJD im Menschen sind fast identisch zu denen von BSE und viele befürchteten eine Epidemie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, vergleichbar zu der BSE Epidemie. Letztendlich waren die Sorgen weitgehend unbegründet und eher medialer Panikmache geschuldet: Statt mehrerer 100000 Fälle wie bei BSE, gab es weltweit weniger als 250.
Der Zusammenhang zwischen BSE und CJD
Der weitgehende wissenschaftliche Konsens ist, dass beide Krankheiten, BSE und CJD, durch infektiöse Proteine, sogenannte Prionen ausgelöst werden. Schon in den 1960er Jahren vermuteten Tikvah Alper und John Stanley Griffith, dass manche Krankheitserreger lediglich aus Proteinen bestehen. Dies ergab sich aus einer Reihe von Beobachtungen: Die Auslöser der Traberkrankheit (Scrapie) und der Chronic Wasting Disease waren resistent gegenüber hohen Dosen radioaktiver Strahlung und konnten somit keine Nukleinsäuren enthalten. Zudem ergaben ihre Untersuchungen, dass das infektiöse Agens deutlich kleiner als Viren war. Der amerikanische Neurologe Stanley B. Prusiner setzte Alpers und Griffiths Arbeit fort und 1982 verkündete er die Entdeckung des Prion Proteins. In seiner funktionellen Isoform PrPc, mit hauptsächlich Alpha-helikaler Struktur, kommt das Prion Protein in diversen Geweben von Säugetieren vor und ist wahrscheinlich an Zell-Zell-Adhäsion und intrazellulärem Signalling beteiligt. Die falsch gefaltete infektiöse Isoform PrPSc besitzt hingegen einen höheren Anteil an beta-Faltblattstrukturen und ist resistent gegenüber Proteasen. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass PrPSc in der Lage ist die Konformation korrekt gefalteten PrPc zu PrPSc zu ändern. In der Folge kommt es unweigerlich zu der anfangs noch langsamen aber exponentiell beschleunigenden Akkumulation von amyloiden PrPSc Plaques im Nervengewebe, Absterben von Neuronen und letztendlich zum Tod.
BSE heute
Dank verbesserter Qualitätskontrolle und vor allem strenger Regulationen und Verboten mit Bezug zur Verwendung von Tiermehl als Futtermittel konnte die Anzahl der BSE Fälle pro Jahr auf einstellige Zahlen gebracht werden. Trotzdem bleiben transmissible spongiforme Enzephalopathiden (TSE) ein relevantes Forschungsfeld mit viel Potenzial. Die Standarddetektionsmethode für PrPSc ist immer noch die immunohistochemische Untersuchung des Gehirns post mortem. Dies ist offensichtlich etwas zu spät aber neue SOFIA (Surround Optical Fiber Immunoassay) basierte Methoden versprechen eine verlässliche Prionen Detektion in vivo. Auch heutzutage ist die Prognose für TSE Patienten sehr schlecht, da sich bis jetzt sämtliche getesteten Behandlungsansätze als ineffektiv erwiesen haben.